Hilfe! Ich werde erwachsen!
Cool, ich darf nach Ocholt ziehen! Die Trainingsphase beginnt. Mein Handy bleibt 24/7 bei mir. Ich darf bis 22 Uhr draußen bleiben, mich vom Essen abmelden, habe nur noch einen – mir persönlich zugeteilten – Dienst. Mein Zimmer wird nicht mehr auf Sauberkeit kontrolliert, genauso wenig wie meine Hausaufgaben. Oh man… das kann ja nur gut werden!
Nach meiner ersten Woche in Ocholt:
Hilfe, ich bin noch zu jung – holt mich hier raus!
Erstmal völlige Überforderung. Ich muss mich über SIGNAL an & abmelden, Termine vereinbaren, ohne Weckdienst aufstehen.
Niemand sagt mir, dass ich ins Bett gehöre. Ich habe keine Lernzeit mehr. Kurzzeitige (manchmal dauert sie auch länger) Amnesie hat mich vergessen lassen, wie ich mein Zimmer sauber halten kann.
Oh man, hätte ich gewusst, dass Erwachsen werden so anstrengend ist, hätte ich mir da noch Zeit mit gelassen.
Wie schön war doch die Zeit, in der mein Tag so schön vorstrukturiert war. Jeden Mittag stand leckeres Essen auf dem Tisch. Hier muss ich es mir selbst kochen. Und es sogar zuvor noch selbst einkaufen. Wie in der Steinzeit: Erst jagen, dann essen. Und ob es dann wirklich schmeckt, ist noch die andere Sache. Ganz schön herausfordernd dieses selbstständig werden.
Meine neuen Herausforderungen teile ich erstmal meiner Bezugsbetreuerin mit. Ach ne! Die habe ich ja gar nicht mehr! Was soll ich denn nun machen?
Tief durchatmen. Niemand hat gesagt, dass es einfach wird. Aber cool sollte es werden. Noch fühle ich das nicht so ganz, aber da komme ich sicher noch hin!
Ich nehme die Herausforderungen, die das Erwachsen werden mit sich bringt an – Challenge accepted! Und unterstützt werde ich dabei von netten Mädels, die fühlen, was ich fühle und auch mal da waren, wo ich jetzt bin. Und auch von den Betreuerinnen, von der zwar keine „nur mir“ gehört, aber die dafür da sind, dass ich mich zurechtfinde. Und wenn ich das dann geschafft habe, kann ich richtig stolz auf mich sein und die Vorteile des Erwachsenwerdens genießen. Und wenn ich dann ausziehe, denke ich daran zurück, wie einfach das Erwachsen werden war. Das Erwachsen sein ist nämlich nochmal eine ganz andere Hausnummer!
Hilfe ich bin zu jung – lasst mich wieder rein!